Dreipunktlagerung
Umbauvorschlag für zweiachsige Wagen
Lange Zeit war man der Meinung mit hohen Spurkränzen auch eine hohe Betriebssicherheit zu erreichen, diese Meinung wurde oft noch mit einer unzureichenden Gleislage in Zusammenhang gebracht. Doch die Welt hat sich weiter gedreht, die Meinungen sich geändert und mit dem Drang dem Vorbild immer näher zu kommen, haben sich auch die Spurkranzhöhen im Modell verringert. Von H0 ausgehend ist der RP25-Radsatz schon lange etabliert und das Extrem ist in 1:87 die Ausführung mit der Bezeichnung H0pur. Hier steht der Modellradsatz dem Vorbild in nichts nach - außer das er isoliert ist.
Diese Entwicklung hat auch vor der Spur II zum Glück nicht halt gemacht. So wurde der Spurkranz bei der Regelspur von teilweise 3 mm Höhe auf 2 mm (siehe IG Spur II Standard S02) reduziert. Auf der Regelspuranlage in Schenklengsfeld waren auch schon Fahrzeuge mit einer vorbildgerechten Spurkranzhöhe von nur 1,3 mm im Einsatz. Solch niedrige Spurkränze funktionieren ohne Vollfederung oder zumindest Dreipunktlagerung der Fahrzeuge zusammen mit einer sehr guten Gleislage nicht mehr.
Was nun, wenn man Wagen hat die schon 10 Jahre alt oder gar noch älter sind und eben solch hohe Spurkranze haben? Die eigenen Ansprüche sind höher geworden und man will mehr in Richtung Vorbild gehen. Dann passt es einfach nicht mehr zusammen wenn einige Wagen mit diesen riesigen Spurkränzen im Zugverband sind... es sieht einfach nicht schön aus. Dazu kommt, dass die Wagen meist über keinerlei Federung oder anderen Ausgleich im Fahrwerk verfügen - sprich, sie sind steif. In Spur II wird nicht gleich entsorgt und neu beschafft. Einfach Umrüsten geht vielleicht nicht, da die Gleislage nicht mehr die beste ist, deshalb massive Gleisbauarbeiten einplanen? Wo liegt nun das Optimum?
Mein Regelspureinstieg waren zwei gebraucht gekaufte Wagen. Nach kurzer Zeit stand ich vor oben genanntem Problem. Inzwischen setze ich Radsätze mit einer Spurkranzhöhe von 1,5 mm ein, das entspricht bei Vorbild einem abgefahrenen Radreifenprofil. Meine Fahrzeuge sind teilweise voll gefedert oder besitzen eine Dreipunktlagerung. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Varianten der Dreipunktlagerung, es gibt die Ausführung mit Quer- oder Längswippe. Letztere bedingt ein absolut ausgewogenes Modell, dessen Schwerpunkt genau mittig zum Achsstand liegt. Diese Forderung steht beim Einbau einer Querwippe nicht.

Die Dreipunktlagerung mit einer Querwippe ist zum Nachrüsten älterer Fahrzeuge nach meiner Ansicht die beste Lösung. Hierbei kann die zweite Achse fest im Fahrzeugrahmen gelagert bleiben. Aus diesem Grund möchte ich den Umbau am Beispiel eines regelspurigen Güterwagen beschreiben. Die Zeichnung zeigt die Konstruktion für einen Regelspurradsatz. Da die Funktionsweise und der Aufbau grundsätzlich identisch sind, ist die Konstruktion für andere Spurweiten und Maßstabe verwendbar, es müssen nur die Maße auf die jeweiligen Radsätze und Fahrzeuge angepasst werden. Ich kann mir z.B. gut vorstellen, dass so umgebaute LGB- Fahrzeuge neben einer wesentlich besseren Optik durch die niedrigeren Spurkränze auch sehr gute Laufeigenschaften aufweisen.
Die Abmessungen der Brücke in der Zeichnung ist für Radsätze nach unserem Standard S02. Die Buchsen, in denen der Radsatz gelagert ist, kann man aus Kunststoff (Teflon) oder Messing anfertigen, alle anderen Teile bestehen aus handelsüblichen Messingprofilen. Das Material ist in fast jedem Baumarkt zu bekommen. Benötigt wird:
Flachprofil: 10x2 mm
Winkelprofil: 10x10 mm
Blech: 0,5 mm
Rundmaterial: Dm 1,5 mm
Rohr mit Innen-Dm von 1,5 mm
Zunächst werden alle Teile entsprechend der Zeichnung zugeschnitten und entsprechend gebohrt. Für die Positionierung der Drehachse wird in den Querträger mittig eine Rille eingefeilt oder gefräst und zusätzlich ein Langloch eingebracht. In dieses wird die gebogene Achse eingesteckt und verlötet. - ohne diese Formschlüssigkeit ist die Verbindung (weichgelötet) nicht sehr lange haltbar. Man darf hier die beim Fahren entstehenden Kräfte und Momente nicht unterschätzen!
Nach dem der erste Schenkel an den Querträger - mit dem Winkel zur Stabilisierung der Verbindung - verlötet wurde, werden die Buchsen und der Radsatz montiert. Die Buchsen sollten in die Schenkel eingeklebt werden. Bei Verwendung der Radsätze nach unserem Standard S02 müssen die Achsstummel auf 5mm gekürzt werden. Der zweite Schenkel wird bei montierter Achse verlötet. Es besteht natürlich die Möglichkeit den zweiten Schenkel auch mit dem Querträger zu verschrauben. Die Achse könnte somit auch zu einem späteren Zeitpunkt z.B. nach dem Lackieren eingebaut werden.
Der nächste Arbeitsschritt ist das Aufstecken der Rohrstücken auf die Drehachse der Brücke und die gesamte Baugruppe auf der Grundplatte mittig auszurichten und zu verlöten. Die Rohrstücken werden dabei ganz bis an den Querträger geschoben. Achtung! Zwischen das Rohr und der Drehachse darf kein Lötzinn gelangen, diese Verbindung muss beweglich bleiben. Nach dem Verputzen und säubern ist die Wippe schon einbaufertig.
Am Fahrwerk müssen nur kleinere Veränderungen vorgenommen werden. Alle Profile zwischen den äußeren Langträgern müssen symmetrisch zur Achse auf einer Länge von 11 mm entfernt werden. Um die richtige Pufferhöhe nach IG Spur II Standard S08 - entsprechend dem Vorbild 47,1 mm - zu erreichen muss gegebenenfalls zwischen der Grundplatte der Wippe und dem Fahrzeugboden Material untergefüttert werden. Es ist darauf zu achten, dass die Pufferhöhen an beiden Wagenenden gleich sind. Nun kann die Wippe mit dem Fahrzeugboden verschraubt werden. Der "Kippelweg" ist jetzt noch recht groß, 2 mm reichen hierfür völlig aus. Um den Kippelweg einzuschränken werden unter beide Enden gleichdicke Distanzstücke befestigt. Gemessen wird der Kippelweg indem die Brücke auf einer Seite bis auf das Distanzstück runter gedrückt wird. Auf der anderen Seite entsteht ein Abstand zwischen dem Distanzstück und der Brücke und dieser muss ca. 2 mm sein.
Beim Einbau der Wippe ist auf die Freigängigkeit zu achten, sie darf sich in ihrem Bewegungsraum nicht verklemmen. Gegebenenfalls muss am Achshalter noch Material weggenommen werden. Vor dem entgültigen Einbau braucht die Wippe nur noch etwas Farbe. Die Optik und Betriebssicherheit der so umgerüsteten Wagen ist allemal den Aufwand wert und sehr schwierig ist der Umbau auch nicht. Im Bild ist ein so umgebauter Wagen zu sehen.
Es gibt u.a. auch Wagen mit Kunststoffachsen und einzeln kugelgelagerten Radscheiben. Wer solche Wagen auf die beschriebene Weise umbauen möchte, kann auf die Buchsen verzichten und kann die Brücke kürzer ausführen. Es ist völlig ausreichend die gekürzte Achse direkt in der Brücke zu lagern. Bei Verwendung dieser Achsen müssen bei den Radscheiben nur noch die Spurkränze abgedreht werden.
Wen nun die breiten Schenkel der Wippe - der zwischen Federpaket und Längsträger sichtbar ist - stören, kann in diesem Bereich die Schenkel rechteckig aussparen. Die verbleibende Stegbreite von 1,5 mm reicht von der Festigkeit her aus. Die Kanten des Schenkels und dessen Ausschnittes werden alle verrundet. Mattschwarz lackiert kann sich kein Licht an diesem Teil spiegeln und es verschwindet förmlich, so dass man die Stege kaum noch war nimmt....

Und nun wünsche ich viel Spaß beim Umbau.